Charles Handy- ich und andere Nebensächlichkeiten
Neulich bin ich beim Durchblättern des Harvard Business Manager über ein Interview mit Charles Handy gestolpert. Ein „Wirtschaftsphilosoph“, der über alles und nichts spricht- so dachte ich. Nach Lektüre des Interviews habe ich mir drei Bücher von Ihm bestellt. Und ich bin nicht enttäuscht worden.
Ich mag Menschen, die kritisch mit sich sind. Noch besser sind Menschen, die anhand Ihrer Fehler erklären. Charles Handy schreibt (dazu noch stellenweise selbstironisch), dass er seine wahre Berufung erst mit 50 Jahren gefunden hat. „Erfolg im Leben hängt nicht davon ab, dass man weiss, was man will, bevor man handelt, sondern umgekehrt“. Wer gesteht sich das schon ein? Zu wissen, dass er auch jetzt (er ist knapp 90!) noch auf der Suche (er nennt es „Identitätsleiter“) ist. „Nur indem man handelt, Erfahrungen sammelt, Fragen stellt und erneut handelt, könne man herausfinden, wer und was man eigentlich sei“.
Die Faszination von Charles Handys- ich und andere Nebensächlichkeiten liegt gar nicht so sehr in dem WAS er schreibt, sondern auch und vor allem in dem WIE er es schreibt. Immer mit Bildern arbeitend prägen sich die Botschaften sehr stark beim Leser ein.
Inhalt Charles Handy- ich und andere Nebensächlichkeiten
In 18 Kapiteln beschreibt Charles Handy sein Leben von der Geburt bis zum Tod. Gespickt mit Fehlern, Learnings und Erkenntnissen zu fast allen Bereichen des Lebens. Nicht nur Geschäftliches, auch Privates von der Verortung der Küche (sehr aufschlussreich) über Gedanken zur Erziehung und Bildung („Schulen ziehen es vor, dass Lehrbare zu unterrichten, anstatt das zu lehren, was gelernt werden muss.“) bis hin zu moralischen und philosophischen Fragen („Wir sollten nicht alle moralischen Entscheidungen dem Staat überlassen, denn damit übertragen wir Ihm eine Verantwortung, die er weder will noch verdient hat.“) trägt Charles Handy an uns heran.
Das Portfolioleben- heute schon Realität
Mein Favourit ist das Kapitel 11 von Charles Handy mit der Beschreibung des Portfoliolebens. Das Portfolioleben hat Vor- und Nachteile. Wir alle werden, nicht zuletzt dank der Digitalisierung, zu Portfolioarbeitern. Wir nehmen temporäre Arbeiten an. Wir arbeiten temporär. Wir arbeiten für verschiedene Arbeitgeber. Wir sind nicht nur flexibler, wir müssen flexibel sein. Wenn das schon so ist, dann sollten wir zumindest versuchen zu agieren und nicht nur zu reagieren. Wir sollten selber die Veränderung gestalten. Wie sieht dein Portfolio des Lebens aus? Wann arbeiten wir an Verwaltungs- wann an Unternehmensthemen, wann sind wir kreativ und wo sind wir kreativ?
Erkenntnisse Charles Handy- ich und andere Nebensächlichkeiten
Auch wenn viele Gedanken schon älter sind, so sind sie aktueller denn je. Es ist die Lust am Lernen, die nach Lektüre des Buches noch viel präsenter ist, als vorher. Hier ein paar Learnings, die ich noch nicht aufgezählt hatte.
- Das Leben ist eine Suche. Auch negative Erfahrungen helfen uns zu lernen, wenn wir reflektieren.
- Ausprobieren ist gut. Dabei lernen wir. Nirgendwo lernen wir so gut, als wenn wir selbst erklären oder lehren
- Lernen findet lebenslang statt.
- Kreativität wird immer wichtiger. Wir müssen uns Zeit und Raum dafür reservieren
- Viel zu häufig verwechseln wir Zweck und Mittel
- Der Tod: Triff nicht zu viele Annahmen und interessiere dich frühzeitig für Menschen
- Stelle Bestehendes in Frage (Kinder in der Schule wie Hunde im Zwinger?)
- Das Konzept des „Ruhestandes“ sollte neu überdacht werden (ich glaube nicht, dass wir zukünftig noch zwischen Arbeitszeit und Rente klar unterscheiden können und sollten)
Wenn ich für Charles Handy und seine Nebensächlichkeiten auf einer Skala von 1-10 (am Besten) Punkte vergeben müsste, würde ich eine 9 geben. Ein unglaublich inspirierendes Buch.