Interview | Reinhold von Eben-Worleé
Reinhold von Eben-Worleé ist amtierender Präsident des Verbandes "Die Familienunternehmer", Familienvater und Unternehmer, wie er im Buche steht: Ehrgeizig, Verantwortungsvoll, Tugendhaft, Professionell. Das hört sich an wie ein Werbetext. Aber tatsächlich sind das die Adjektive, mit denen ich Ihn beschreiben würde.
Dr. Hubertus Porschen: Heute sitze ich hier in Hamburg, zusammen mit Reinhold von Eben-Worleé. Reinhold, stell dich doch mal ganz kurz vor. Wer bist du?
Reinhold von Eben-Worleé: Ich bin ein 63-jähriger Unternehmer, in der fünften Generation, tätig in unserem Familienunternehmen Worleé und Co. Unsere Firma wurde 1851 in Hamburg gegründet. Als Gesellschafter und Geschäftsführer im Chemiebereich unseres Unternehmens, beschäftige ich mich vorrangig mit Projektentwicklungen mit Kunden, Partnern und Prinzipalen um unser Unternehmen sozusagen auf der weniger operativen Ebene weiterzuentwickeln. In diesem Sinne mache ich auch viel Verbandsarbeit, im Moment bei den Familienunternehmern als Präsident, was mir viele Inspirationen verschafft. Ich bin aber auch noch in anderen Verbänden aktiv, Stellvertreterfunktion oder Präsidien und pflege mein industrielles unternehmerisches Netzwerk dort auf breiter Basis, sozusagen für die Gesellschaft aber auch für mein Unternehmen.
Dr. Hubertus Porschen: Ich habe auf einem Vortrag mal jemanden kennengelernt, der hat mir erzählt „Mensch Herr Porschen, Sie kennen doch den Herrn von Eben-Worleé und arbeiten mit ihm zusammen im Verband.“ Dann habe ich gesagt: „Ja, woher kennen Sie ihn denn?“ dann meinte dieser: „Ich habe mit ihm zusammen studiert.“ Ich fragte ihn, wie Sie so gewesen sind und er meinte daraufhin er erinnere sich an folgende Sache: Du hättest sonntags während andere ausgeschlafen haben, dich als Student hingesetzt, dich um unternehmerische Belange gekümmert und gearbeitet hast. So eine kleine Anekdote, ich weiß nicht ob das stimmt aber hast du solche Erinnerungen und woher kam damals schon diese Motivation, sich so zu engagieren?
Reinhold von Eben-Worleé: Ich habe eigentlich mein ganzes Leben schon gearbeitet - auch für das Unternehmen, meinen ersten Job hatte ich als Hafenbote mit 13. Später habe ich dann mit meinem eigenen Mofa die Spedition im Hamburger Hafengebiet abgeklappert, das war damals noch lange bevor die Container entwickelt wurden, da gab es noch sehr viel Handarbeit und da habe ich dann auch verschiedene Jobs im Unternehmen gemacht. Ich habe in der Werkstatt gearbeitet, in Qualitätsbereichen, in der Produktion und als ich dann später studierte, konnte ich auch bei ausländischen Partnern in Kalifornien, Jugoslawien und Spanien Industrie Praktika machen. Das ging teilweise bis zu neun Monaten, dadurch war diese Arbeit für das Unternehmen immer ein Teil auf meiner Lebensführung und das schon als Schüler, Student und später dann auch als Angestellter, Unternehmer und Gesellschafter mit mir verbunden. Insofern gab es schon immer relatives Interesse an dem Unternehmen und auch an dem Wohlergehen des Unternehmens.
Dr. Hubertus Porschen: So wie du das jetzt erzählst, hört sich das nach einem Lebensplan an, den du schon sehr früh hattest. Ist das so oder haben sich viele Dinge auch erst ergeben als du sie gemacht hast oder lief das alles sehr geradlinig?
Reinhold von Eben-Worleé: Ich hatte kein Lebensplan, ich bin eigentlich davon ausgegangen, dass ich für alle Herausforderungen einen Weg für mich finde würde und es auch für das Unternehmen immer einen Weg gibt, wenn man verantwortungsvoll in Folge treibt, Probleme und Herausforderungen zu lösen und positiv umzuwandeln, nämlich in Wertschöpfung und auch in Zufriedenheit bei mir und meinen Mitarbeitern. Insofern bin ich da eher ein bisschen reingestolpert aber es hat sich eben durch das Schicksal, auch durch meine Persönlichkeit positiv entwickelt. Der eigentliche entscheidende Punkt war aber, als ich mein Studium abgeschlossen hatte und mich dann mit meinem Vater unterhalten habe. Ich fragte was er denn meint, ob ich ins Unternehmen gehen soll oder mir lieber etwas Anderes suchen soll. Daraufhin hat er mir erst einmal einen Vortrag gehalten, wie schwer das Leben eines Unternehmers ist und ich solle mir das sehr genau überlegen. Dann habe ich mich mit Ende 20, da fängt man dann an sein Leben zu sortieren, fürs Unternehmen entschieden und das war letztendlich auch die richtige Entscheidung.
Dr. Hubertus Porschen: Hast du ein Vorbild gehabt oder immer wieder Vorbilder, hast du Mentoren gehabt, arbeitest du mit Coaches? Woran orientiert sich jemand wie du?
Reinhold von Eben-Worleé: Unser Unternehmen ist im Prinzip in zwei Bereiche aufgeteilt. In Nahrungsmittel Rohstoffe und Chemische Rohstoffe. Mein Vater war immer sehr stark auf den Nahrungsmittelsektor zentriert. Wir hatten damals ein Partner, der war für den Chemiesektor zuständig, bei denen habe ich dann sozusagen, obwohl ich Lebensmitteltechnologie studiert hatte, als Assistent angefangen. Ich habe die gesamte Baseline vom Labor, Einkauf, Verkauf, praktisch durchgespielt, habe eineinhalb Jahre das Unternehmen „Trainee“ einwärts und auswärts kennen gelernt und war dann eben ganz gut vorbereitet, auch die Werkleitung im Jahre 84 zu übernehmen. Wir hatten damals ein kleines Werk in Lübeck gekauft, das habe ich drei oder vier Jahre gemacht und habe anschließend den Werksneubau in Hamburg in die Wege geleitet und organisiert. So hat dann mein Berufsleben seinen Lauf genommen. Es gab immer wieder neue Herausforderungen gerade auch von der gesetzlichen Seite her. Ich war aber als Ingenieur und Industriekaufmann ganz gut darauf vorbereitet.
Dr. Hubertus Porschen: Gibt es eine spezielle Kompetenz oder Fähigkeit von dir, die du sehr gut beherrschst und sie dich auch weitergebracht hat?
Reinhold von Eben-Worleé: In meiner Situation musste ich lernen, zu delegieren und ich hatte während meiner Schulzeit eine Schreib-Leseschwäche, Legasthenie und so war es mir immer klar, dass es in diesem Bereich Leute gibt, die diese Dinge besser können als ich. Um aus dieser Situation heraus zu kommen, habe ich schon sehr früh gelernt, mir immer Hilfe zu holen und eben abzugeben, zu delegieren aber auch zu schauen ob das immer alles vernünftig läuft. Deswegen statte ich meine Geschäftsführer auch immer mit sehr viel Freiheiten aus, dafür müssen diese dann auch liefern - Checks and Balances sind eigentlich Teil meiner Unternehmensstrategie. Man darf sich nicht ins Zentrum stellen, sondern als Teil des Teams aufstellen. Man muss mit guten Kollegen, gemeinsam vertrauensvoll, Aufgaben lösen, immer wieder abgeben und sich nicht an Dinge klammern. Mein Prinzip war eher aufbauen, abgeben, aufbauen, abgeben (…).
Dr. Hubertus Porschen: Das habe ich nun schon während vielen Gesprächen festgestellt, dass aus meiner Sicht erfolgreiche Leute sagen, dass gerade bei Dingen, die man nicht so gut kann, die Fähigkeit des Delegierens extrem wichtig ist. Wie findet man die richtigen Leute? Das hört sich für mich erst mal relativ oberflächlich für jemanden an, der das dann vielleicht später in einem Podcast etc. hört. Man weiß dann, dass es Dinge gibt, die man nicht richtig beherrscht, aber wie findet man dann die richtigen Partner? Ich könnte für mich persönlich sagen, dass ich auch schon mit vielen Partnern gearbeitet habe, bei denen ich Lehrgänge bezahlen musste, sozusagen. Deswegen vielleicht ein Ratschlag von deiner Seite wie du passende Partner findest.
Reinhold von Eben-Worleé: Passende Partner sind ja immer eine relative Größe. Es hängt immer ein bisschen von der Struktur des Unternehmens und auch von einem Zeitfenster ab, in dem man zusammenkommt. Der heute passende Partner kann in fünf Jahren schon nicht mehr der passende Partner sein, weil sich Menschen entwickeln oder ihre Ansprüche an das Leben verändern. Insofern muss man sich von Gedanken freimachen. Den einen guten Freund / passende Partner, der einen von der Wiege bis zur Bar durch das Leben begleitet, den gibt es eigentlich nicht, entspricht auch nicht mehr dem Anspruch der Mitarbeiter heute. Diese wollen alle auch ab und zu mal die Firma, das heißt den Partner wechseln. Ich denke aus diesem Zusammenspiel, im fairen Umgang miteinander als Familienunternehmen sowie die Kommunikation, Entwicklung der Verständnisse bis hin über die Sorgen aber auch Freuden eines Unternehmers, kristallisiert die richtigen Mitarbeiter und Kollegen heraus. Einige bewähren sich, andere einfach nicht. Das nicht bewähren gehört aber genauso zum Spiel oder zur Arbeit dazu und durch diese Auslese, bekommt man eben starke Teams, die in der Lage sind, sich am Markt zu bewähren.
Dr. Hubertus Porschen: Ich glaube viele junge Menschen können auch das Wort Erfolg nicht richtig definieren, haben da eine hinterfragende Vorstellung davon. Was heißt für dich Erfolg?
Reinhold von Eben-Worleé: Erfolgreich sein ist jeden Morgen wieder aufzustehen, motiviert zu sein und zu sagen: „mir macht spaß was ich mache“ und natürlich auch unternehmerischer Erfolg, dass man von einer guten - auch unternehmerischen finanziellen Basis seine Aktivitäten entwickeln kann und auch zufrieden ist. Man muss sich in seinem Leben als auch in seiner Familie entfalten können.
Dr. Hubertus Porschen: Gibt es ein Lieblingszitat zum Abschluss, ein Motto, eine Vision, eine Mission? Einen prägnanten Satz, den du gerne mitgeben möchtest, den man sich übers Bett hängen kann, wenn man Lust hat oder ins Esszimmer?
Reinhold von Eben-Worleé: Von meiner Großmutter habe ich mal gelernt: Wer immer strebend sich bemüht, den werden wir erlösen. Das ist von Goethe, aus Faust II. Ein sehr schönes Zitat, auch mal wieder motivierend. Auch wenn man manchmal in Krisen steckt, hat es sich immer wieder bewahrheitet, wenn man die Herausforderung annimmt und versucht den richtigen Weg zu finden. Dann ist diese Herausforderung auch irgendwann mal Geschichte und man hat sie bewältigt. Und das gibt einem das Selbstbewusstsein, sich durch das eigene Bemühen immer weiter zu entwickeln und auch den richtigen Weg zu finden.
Dr. Hubertus Porschen: Der Rheinländer sagt, “vun nix kütt nix”. Das geht vielleicht in eine ähnliche Richtung, wenn ich das richtig verstanden habe. Tolles Gespräch, wir könnten noch stundenlang weiterreden, aber ich möchte dich auch nicht weiter von deinen unternehmerischen Großtaten abhalten. Ich bedanke mich, das war total spannend. Ich glaube hier ist eine Menge Essenz drin, was ich zumindest mitnehme und ich hoffe der Leute, die das nachher hören oder sehen auch. Ich bedanke mich ganz herzlich, schön, dass wir hier sein durften. Dankeschön.
Reinhold von Eben-Worleé: Gerne, jederzeit wieder.