Ich und mein digitales Ich
Jetzt stell dir einmal Folgendes vor. Dein Kind ist grade 1 Jahr alt und versucht zu laufen. Was passiert? Es fällt hin. Immer und immer wieder. Aber: Es steht auf. Lernt aus seinen Fehlern. Irgendwann kann das Kind laufen. Ein normaler Prozess. Ein Prozess des Lernens. Und jetzt lese ich, dass Robert Habeck, der Chef der Grünen sich aus den sozialen Medien zurückzieht. Weil er einen Fehler gemacht hat. Er hat zu emotional, zu schnell auf die Tasten gehauen. Quasi: Auf der Tastatur ausgerutscht. Und was macht er: Er lernt nicht. Er zieht sich zurück aus den sozialen Medien. Das ist so, als wenn das Kind hinfällt und liegen bleibt. Nicht mehr aufsteht. Es aufgibt. Eben: Aus meiner Sicht nicht wirklich die Lösung. Ich möchte mit Ihnen heute diskutieren, wie wir unsere digitale Persönlichkeit entwickeln. Wie wir hinfallen, ohne uns etwas zu brechen. Wie wir wieder aufstehen. Das Laufen lernen. "Digitalisierung ist eine Haltungsfrage!" ist eine meiner Kernbotschafter als Keynote-Speaker in meinen Vorträgen.
Konkret in Bezug auf die Digitalisierung möchte ich in dem Artikel über folgende Fragen sprechen:
- Was sind die Treiber der Digitalisierung?
- Warum sollte man eine digitale Persönlichkeit haben?
- Wie kann man Social-Media benutzen, um sich selbst zu vermarkten?
Was sind die Treiber der Digitalisierung
Die Digitalisierung ändert die Welt, in der wir leben, komplett. Es überlebt, der sich am… schnellsten an die Digitalisierung (=neue Bedürfnisse)…anpasst (Ein spannendes Beispiel ist auch die Digitalisierung der Banken). Folgend sind einige der Treiber der Digitalisierung (7 Prinzipien der Digitalisierung) bzw. einige Dimensionen aufgelistet.
Gesellschaft ändert sich massiv
Nehmen wir einmal das Beispiel Donald Trump. „Make Amerika great again“ ist seine Vision, seine Botschaft an die Menschen, die im berüchtigten Rust Belt leben. Donald Trump nutzt die sozialen Medien und seinen Twitter Account höchst effizient für seine Botschaften. Er weiss aber auch, dass die jahrzehntelange Auslagerung zu einer Deindustrialisierung Amerikas geführt hat. Sein Handelskrieg mit China, seine Provokationen, dass alles dient unter anderem auch dem Zweck, Amerika zu reindustrialisieren. Die europäische Union hat übrigens auch das Ziel einer Reindustrialisierung. Das bedeutet Industrie/Produktion aus Asien/Mittelamerika zurück zu holen. Um einen größeren Teil der Wertschöpfungskette zu bedienen. Bei immer noch höheren Lohnkosten bleibt dann nur die Möglichkeit, die Prozesse effizienter zu gestalten. Und das geht nur mit Hilfe der Digitalisierung. Die Möglichkeiten der Digitalisierung nehmen demnach also großen Einfluss auf die Veränderung unserer Gesellschaft. Und nicht nur Präsidenten- auch Staaten machen sich das zunutze.
Staaten nutzen Daten zunehmend
China beispielsweise hat die Möglichkeiten der Digitalisierung in vielerlei Hinsicht gut verstanden. Der große Binnenmarkt im Gegensatz zur europäischen Stückelung ermöglicht das Heranwachsen von Internetgiganten wie Alibaba, Tencent oder JD. Gepaart mit massiven staatlichen Investitionsprogrammen sowie einer digitalen Agenda für z.B. KI schickt sich China an, die Marktführerschaft zu übernehmen. China ist eine Mischung aus Sozialismus und Marktwirtschaft. Und die kommunistische Partei nimmt die Möglichkeiten der Datengenerierung gerne und in unvorstellbarem Maße wahr.
So sammelt der chinesische Staat Daten seiner Bürger. Für eine Beförderung wird der Punktestand betrachtet, der Daten aus über 50 Behörden aggregiert und daraus ein Scoring ermittelt. Wer ist gut, wer ist böse? Wer darf wo wohnen? In Dörfern werden die Punktebesten öffentlich dargestellt. Auf dem Weg zum perfekten Bürger. Andere Anwendungen der Daten liegen sehr nah? Wer ist kreditwürdig? Und da sind wir in Deutschland gar nicht so weit von entfernt. Ich bin sicher, dass die Social-Credibility immer relevanter und wichtiger wird. Hier ein paar Zahlen zur Akzeptanz der Datennutzung zum Zwecke des Social-Scorings:
- 31 % Haben schon einmal von Social Scoring gehört oder gelesen
- 24 % Würden nicht öffentlich sichtbare Daten für einen günstigeren Kredit Preisgeben
sagen die Befragten aller Altersgruppen im Durchschnitt aus. Wenn bestimmte Transparenzkriterien erfüllt sind würde über die Hälfte der 18 bis 25-Jährigen dem Social-Scoring zustimmen. Spannend.
Technologien und Exponentialität
Und damit komme ich zu einem weiteren Treiber der Digitalisierung: Dem Faktor des exponentiellen Wachstums, der mit technologischen Neuerungen einhergeht. Vor 100 Jahren brauchten Technologien noch 4-6 Jahrzehnte bis sie eine Marktdurchdringung von 75 % hatten (Elektrizität, Radio, Kühlschrank), heute sind es oft nur wenige Jahre (z.B. Smartphone, Blockchain, Voice Search). Wird eine kritische Masse überschritten, ist der exponentielle Faktor kaum noch aufzuhalten. Übersetzt und zusammengefasst heisst das, das sich Veränderungen schneller auf dem Markt durchsetzen und in immer kürzeren Zyklen stattfinden.
Bedeutet aber auch, dass das Risiko, zu scheitern größer ist und in Kauf genommen werden muss.
Unternehmen und Geschäftsmodelle ändern sich
Wir besonders durch die Sharing Economy und verschiedene Plattformen deutlich. Kurz gesagt bedeutet das, dass sich Intermediäre zwischen Produzent und Konsument schieben und die Schnittstelle zum Kunden besetzen. Folge ist eine Machtverschiebung vom Produzenten zum Konsumenten. Nehmen Sie das Beispiel Amazon. Amazon Go ist der Versuch einer Offline-Plattform, die die Schnittstelle zum Kunden perfekt besetzt.
Die Bedürfnisse und Antriebe der Menschen ändern sich
Generation Y und Generation Z werden viel und häufig zitiert. Aus Ihren veränderten Bedürfnissen und Antrieben müssen Unternehmen lernen. Lernen, was New Work bedeutet, warum Menschen Freiraum benötigen, um sich zu entwickeln. Das Wichtigste ist aber: Der Arbeit einen Sinn zu geben. Warum machen wir das hier eigentlich? Das „Warum“ vor dem „Wie“ oder „Was“ zu klären ist elementar in Zeiten der Digitalisierung um die besten Fachkräfte zu gewinnen und zu binden.
Bildung
Die Digitalisierung ermöglicht eine zeit- und ortsunabhängige, ständige Fortbildungsmöglichkeit. Wissen ist leichter zu konsumieren. Daher wird der Spezialisierungsgrad auch größer. Wer wirklich in der Tiefe Ahnung hat, ist ein Spezialist und wird auch so entlohnt. Da unser Bildungssystem schon lange nicht mehr dem zeitgerechten Bildungsauftrag nachkommt, entfällt die Aufgabe auf den Menschen selber und die Unternehmen.
Beruf: Berufsbilder entstehen neu
Und auch die Berufsbilder die entstehen, ändern sich exponentiell. Eine Studie von Microsoft geht davon aus, dass 65 % der Menschen, die im Jahr 2018 auf eine Schule gehen (also auf ihr beginnen) in Berufen arbeiten werden, die es heute noch gar nicht gibt.
Führung wird neu definiert
Und ja, Führung ändert sich massiv. Nicht nur Unternehmen und Organisationen werden agil und neu, sondern auch und vor allem Führung. Der Digital Leader wird zunehmend zum Coach, zum Enabler. Der tayloristische top-down Managementstil hat ausgedient. Der agile CEO ist derjenige, der ganz nah am Produkt und an den Menschen arbeitet. Der eine Vision entwickelt, das Team formt. Nicht derjenige, der sagt, was gemacht werden muss, sondern derjenige der die richtigen Leute aussucht und zusammenbringt.
(Menschliche)Beziehungen ändern sich
Daneben ändern sich aber auch die menschlichen Beziehungen. Beziehungen und Kommunikation findet viel stärker online statt? Nachdem wir nun ein Verständnis für die Digitalisierung entwickelt haben, gehe ich kurz auf die Macht von Social-Media ein um später abzuleiten, wie wir diese Macht nutzen können.
Die Macht von Social-Media
Ein heute Jugendlicher verbringt ca. 15 Jahre seines Lebens mit Social-Media. Wir sind in Deutschland heute 3.5 Stunden auf sozialen Netzwerken- täglich. Wir blicken 253 mal auf unser Handy und rufen 30 Mal pro Stunde unsere E-Mails ab. Wir werden täglich mit über 10.000 Werbebotschaften überflutet- die vielen Postings, tweets, Bilder, die wir von anderen sehen, gar nicht mitgezählt.
Das führt zu einem eklatanten Verlust der Aufmerksamkeitsspanne. Fokus und Konzentration ist ein immer seltenere Kompetenz. 2010 betrug unsere Aufmerksamkeitsspanne noch 12 Sekunden, inzwischen sind es weniger als 8 Sekunden. Nur zu Info: Ein Goldfisch hält immerhin 9 Sekunden durch. Daher: Generation Goldfisch. Spannend an der Stelle: daraus ergeben sich vollkommen neue Geschäftsmodelle. Screen-free week. Skuril: Eine App, die dabei hilft, weniger online zu sein. Die wichtigste Frage die sich daraus ergibt: Wie können wir Social-Media nun gezielt zur Selbstvermarktung nutzen.
Selbstvermarktung: Social-Trademark werden
Um Social-Media nun als Tool zu begreifen, um mehr Business, mehr Entwicklung hinzulegen, habe ich einmal drei grundlegende Hinweise entwickelt, die dabei helfen, eine eigene Social-Trademark zu entwickeln.
Das eigene Spielfeld bestimmen
Der erste Schritt ist immer die Analyse. In dem Falle ist das die Analyse von sich selber. Hierzu empfehle ich zunächst das Modell Why, How, What. (Siehe auch Persönlichkeitstests)
Das Why ist in den seltensten Fällen einer Person oder auch einer Organisation bestimmt. Das Why ist der Purpose, der Grund für alles, ein fester, tiefer Glauben. Erst danach bestimmen wir, wie wir etwas machen und dann was wir machen. Das ist ein großer Unterschied zum normalen Vorgehen. Wir fangen nämlich normalerweise mit dem „Was“ an, überlegen uns ein „Wie“. Das „Warum“ lassen wir vollkommen ausser Acht.
Um das eigene „Warum“ zu ergründen, empfehle ich dringend eine Auseinandersetzung mit dem Thema Persönlichkeitsentwicklung. Nur wenn ich meine Werte, meine Stärken und Schwächen kenne, kenne ich mich selber bzw. begebe mich auf einen Entwicklungspfad. Im zweiten Schritt kann ich dann mit verschiedenen Tools die Entwicklung meiner eigenen Marke planen. Ein Beispiel dafür ist die Personal Branding Canvas. Wichtig ist zu Beginn allerdings immer die eigene Geschichte. Warum Sie sind das was Sie sind? Was ist Ihre Geschichte?
Vom Konsumenten zum Produzenten
Der zweite Hinweis, den ich geben möchte, ist dass wir vom Konsumenten zum Produzenten werden müssen um uns in der digitalen Welt zu profilieren. Wenn wir auf dem Sofa sitzen und Netflix schauen oder auf unserem iPad surfen, dann hat das mit Digitalisierung oder persönlicher Weiterentwicklung eigentlich nichts zu tun. Das ist reiner Konsum. Konsum sind auch alle Formen der reinen Dienstleistung, des Abarbeitens.
Wir brauchen also ein Verständnis für die Wahrnehmung unseres Konsums. Und einen Willen, zu produzieren: Unsere eigene Lebensstrategie, unseren eigenen Lernplan, unser eigenes Sportprogramm, unsere Ernährung. Social-Media kann ein Tool sein, was mir dabei hilft, Impulse von anderen zu bekommen. Social-Media kann aber auch ein Tool sein, um mich selber positiv unter Druck zu setzen. Produktion kann Meditation sein. Produktion kann Reflektion oder jede andere Form der Arbeit an mir selbst sein. Fangen Sie an zu produzieren. Nur wer produziert kann auch erfolgreich sein. Was funktioniert, was nicht! Mehr trial an error.
Intelligente Vernetzung des Contents
Habe ich mein Warum gefunden, mein Spielfeld bestimmt, meine Inhalte, meine Story parat gemacht, dann geht es nicht nur an die Umsetzung sondern um eine intelligente Vernetzung meiner Kanäle. Das klingt profan- ist es aber nicht. Schliesslich geht es um die Nutzung von Technologien, die zwar teilweise einfach zu nutzen sind, teilweise aber auch ein extremes technisches Verständnis erfordern.
Entscheidend ist daher ein gutes Netzwerk an Spezialisten, an Personen, die absolute Experten auf Ihrem Gebiet sind und mich unterstützen.
Fazit Ich und mein digitales Ich
Last but not Least möchte ich noch einmal auf einen letzten Punkt hinweisen. Und das ist der Punkt „Haltung“. Die Haltung gegenüber Veränderungen, aber auch die Haltung gegenüber uns selber. Die Haltung, an uns zu arbeiten, die Haltung, die Zukunft positiv zu sehen und mitzugestalten, ist extrem wichtig um erfolgreich zu sein. Und wenn unsere Haltung entsprechend ist, dann können wir vielleicht, wie dieses kleine Baby, bald auch fliegen.