Interview Roman Salyutov | In jedem steckt ein Unternehmer
Dr. Hubertus Porschen: Hallo aus dem bergischen Löwen in Bergisch Gladbach. Ich sitze hier heute mit einem extrem spannenden Interviewgast, sagen Sie doch einmal kurz unseren Zuschauerinnen und Zuschauern wer Sie sind.
Roman Salyotov: Ja Herr Porschen, vor allen dingen bedanke ich mich bei Ihnen für die Einladung. Das ist ganz schön, mit Ihnen heute hier zu sitzen und dass wir ein bisschen erzählen und uns unterhalten können. Ich komme tatsächlich aus einer für Sie nicht so typischen Branche. Ich bin Konzertpianist, Dirigent und promovierter Musikwissenschaftler und darüber auch hinaus Organisator von Musik- und Kulturprojekten. Also grundsätzlich freischaffend unterwegs, aber sehr facettenreich.
Dr. Hubertus Porschen: Herr Salyotov, wir haben im Vorgespräch ein bisschen darüber gesprochen was Sie tun und Sie machen so unglaublich viel, sind in vielen Vereinen engagiert und das gehört auch zum Netzwerken dazu. Woher nehmen Sie diese Motivation für diesen Arbeitsaufwand?
Roman Salyotov: Das liegt vielleicht so ein bisschen in meiner Natur. Ich bin immer sehr neugierig, freue mich auf neue Herausforderungen. Also alles was ich im Moment treibe, waren früher ganz verrückte Ideen, die mir unrealistisch erschienen. Dann dachte ich mir jedoch, komm man muss nicht immer nur bekannte und gut bewährte Wege gehen, sondern was neues erschließen und auch mal was riskieren. Aber die Perspektive sollte dann so richtig atomar sein. Also richtig großartig, im besten Fall. Bei mir besteht quasi immer dieser Drang, etwas neues zu wagen.
Dr. Hubertus Porschen: Ihnen ist es wichtig, die Komfortzone zu verlassen, was neues auszuprobieren finde ich total interessant. Das hört sich dann aber im nachhinein immer so an, als ob das total easy war. Ich habe mal etwas anderes gemacht und schon hat es funktioniert. Ist das bei Ihnen immer so gewesen, ging die Kurve nach oben?
Roman Salyotov: Nein, bei weitem nicht. Natürlich ist das mehr oder weniger wie eine Achterbahnfahrt. Es gibt ganz schöne Strecken, die rapide aufwärts gehen, aber es gibt dann auch gewisse Tiefpunkte und es ist wichtig, dass man den glauben nicht an sich selbst verliert. Nach einem tief kommt auch wieder ein hoch. Und es ist wichtig, dass man die negative Phase auch mental und psychologisch überbrückt. Es ist wichtig, dass man da nicht resigniert, sondern daraus lernt. Die Chinesen haben ein Zeichen für die Krise und zugleich für die Erschließung von neuen Möglichkeiten. Das hat mich einfach schon immer fasziniert. Dieses Zeichen soll aussagen, dass man einen Neuanfang in einer Krise findet. Man kommt also stärker zurück als man gegangen ist. So gehe ich mit Tiefpunkten in meinem Leben um, ich versuche also immer auch das Positive darin zu sehen. Es ist ganz wichtig, dass man seinen Optimismus nicht verliert.
Dr. Hubertus Porschen: Haben Sie eine spezielle Methoden, um sich aus dem Tal der Tränen, aus dem Regen den Sonnenschein zu bringen?
Roman Salyotov : Ja, dass ist eben das was ich gesagt habe. Ich versuche immer ganz cool zu analysieren, versuche meinen Fehler ausfindig zu machen. Stelle mir die Frage, was ich hätte anders machen können. Und dann versuche ich das beim nächsten mal anders zu machen und versuche mir dann auch selbst Mut zuzusprechen. Ich sage mir dann: “Roman, aktuell ist es vielleicht etwas blöd, aber du hast immer einen Ausweg gefunden. Es gibt immer eine Lösung.” Eigenmotivation ist sehr wichtig, ich pushe mich in schwierigen Zeiten immer selbst.
Dr. Hubertus Porschen: Wie lernen Sie selbst als Künstler dazu, um sich als Person, Künstler zu verbessern? Wie hat man sich das vorzustellen? Wie lernen Sie, wie verbessern Sie Ihre Art zu spielen, zu dirigieren?
Roman Salyotov: Ach, dass ist ja so tägliche Arbeit. Was die pianistische Laufbahn anbetrifft, übe ich sieben bis acht Stunden täglich. Zumindest im Idealfall, wenn ich Zuhause bin. Ich darf den Luxus genießen, dass ich in einer deutschen Mietwohnung so lange täglich üben darf, was ich nicht als Selbstverständlichkeit ansehe. Ich mache einfach immer weiter, möchte immer besser werden und perfektionieren. Wenn man sich nicht weiterentwickelt und auf der Stelle tritt, stagniert man. Das ist wirklich wie eine Horizontlinie, die unerreichbar scheint. der Weg ist das Ziel.
Dr. Hubertus Porschen: Ein Unternehmer möchte z.B. Buchhaltung lernen, besucht dafür auch ein Seminar. Buchhaltung, Steuerthemen und liest da vielleicht ein Buch zu. Sie sagen Ihre Art zu lernen ist ein Stück weit “try and error”, da ist ganz viel Disziplin dabei, ganz viel sich selbst zu verbessern, weil der imaginäre Lehrer, das Buch dazu gibt es ja nicht. Das Seminar, was Sie besuchen können, oder?
Roman Salyotov: Nein, in dieser Form natürlich nicht. Aber man lernt aus der Erfahrung, aus seinen Fehlern und dass ist das, was in der Natur jeder Künstlerin und jedem Künstler liegt. Also man muss sein bestes geben, indem man sich mit der Musik auseinandersetzt. Je besser man wird, desto größer ist auch die Motivation noch besser zu werden. Das motiviert einen dann auch, den nächsten größeren Schritt zu gehen. Es ist immer ein Prozess, für sich und in sich. Man kann natürlich von anderen lernen, man kann masterkurs besuchen, dieser Austausch ist natürlich auch sehr wichtig. Aber wenn der Premiere Impuls nicht von einem selbst ausgeht, dann laufen alle Versuche ins leere.
Dr. Hubertus Porschen: Stichwort Misserfolg, gibt es einen Fehler oder mehrere, aus denen Sie gelernt haben? Jeder Mensch macht Fehler, aber vielleicht sind Sie auch Fehlerlos, ich weiß es nicht. Das würde mich mal interessieren, vielleicht können Sie uns da mal ein praktisches Beispiel geben?
Roman Salyotov: Ja, da fällt mir ein ganz konkretes Beispiel direkt ein. Heutzutage ist es nicht so einfach, sich als Künstler auf dem Musikmarkt sich zu profilieren und auch durchzusetzen. Das Angebot ist enorm und die Nachfrage gering. Da muss man sich natürlich die Frage stellen, wie man sich von den anderen Künstlern abheben kann. Und einmal hatte ich wirklich darüber nachgedacht, eine Konzertagentur zu finden. Natürlich hatte ich mich dann direkt auf die Suche begeben und eine Konzertagentur, welche ich jetzt nicht namentlich nennen werde, hatte sich bereit erklärt mich aufzunehmen. Allerdings musste man sich bei dieser Agentur finanziell beteiligen, ich musste z.B. die Raummiete zahlen und mich an diversen Beträgen beteiligen. Damals hatte ich mir gedacht, dass das gute eine tolle Agentur ist und das bestimmt auch passen wird. Ich hatte damals einen Kredit aufgenommen und diese Konzertagentur hatte sich leider als Flop erwiesen. Die Konzertagentur hatte zwar auch was für ihr Geld getan, aber es hatte sich nicht rentiert. Dann musste ich jahrelang den fünfstelligen Kredit abbezahlen. Aber dadurch habe ich dann auch verstanden, dass es mehrere Wege gibt und man nicht nur aufgrund der Unterstützung einer Agentur erfolgreich sein kann. Es ist immer wichtig, dass man alles analysiert und sich auch die Frage stellt, wieso die Rechnung nicht aufgegangen ist. Daraus habe ich gelernt und jetzt weiß ich viel mehr, wie die Branche funktioniert. Wer als Künstler eingeladen wird zu spielen, der erhält seine Gage, punkt, fertig, erledigt. Ich weiß mittlerweile ganz genau, welche Strategien funktionieren und welche nicht. Natürlich bin ich auch nicht allwissend. Im Nachhinein würde ich die Fehler natürlich nicht nochmal machen. Das war natürlich für mich persönlich natürlich ein großer Verlust, ein großer Fehler. Die fünfstelligen Schulden waren ein Verlust für die Familienkasse. Aber dann habe ich was daraus gelernt und es hat was gebracht. Es war ein Fehler mit positiven Folgen.
Dr. Hubertus Porschen: Haben Sie noch ein spezielles Lebensmotto, ein Zitat, irgendetwas was Sie innerlich begleitet und auch ein bisschen für Sie steht. Irgendein prägnanter Satz, den Sie uns gerne noch mit auf den Weg geben möchten?
Roman Salyotov: Also so ein richtiges Zitat fällt mir jetzt so spontan nicht ein. Mein Lebensmotto lautet: “Einfach nie aufgeben!” Da es schon Lebenssituationen bei mir gegeben hat, in denen ich am liebsten das Tuch geschmissen hätte. Es ist nicht so, dass ich mit der Musik aufhören wollte, aber alle Versuche mich da durchzusetzen und den Berg zu besteigen. Im Endeffekt kann man sich das wie eine Pyramide vorstellen, denn jeder möchte nach oben, aber die Spitze ist zu dünn. Man sollte einfach nie aufgeben, es ist ja auch jetzt noch verdammt schwer, jetzt wo ich schon alles erreicht habe. Wir werden z.B. finanziell überhaupt nicht unterstützt, ich muss immer für jedes Projekt immer beten. Es gibt auf und abs. Im Endeffekt schaffe ich es aber immer, die Leute zu bequatschen und von meinen Ideen zu überzeugen. Wenn man aufgibt, dann kann man es direkt sein lassen.
Dr. Hubertus Porschen: Das ist ein schönes Motto. Diese Interviewreihe heißt ja auch “In jedem steckt ein Unternehmer” und Sie haben mich heute extrem bestärkt, dass in Ihnen ein Unternehmer steckt. Und ich glaube, dass Sie auch vielen Menschen die Hoffnung, die Inspiration und die Ideen dafür, den Unternehmer in sich zu finden. Denn Unternehmer kann man denke ich auf vielfältige Weise sein und ich bedanke mich ganz recht herzlich für das Gespräch, hat mir viel Spaß gemacht. Vielen Dank Herr Salyotov.