Interview | Peer-Arne Böttcher
Peer-Arne Böttcher: Ja, mein Name ist Peer-Arne Böttcher und ich bin Gründer der Hamburger Business Club GmbH aber schon viel länger Unternehmer. Genau genommen seit 1993 und hier mit der Stadt Hamburg sehr stark verbunden.
Dr. Hubertus Porschen: Peer, hast du ein Vorbild?
Peer-Arne Böttcher: Es gibt viele Vorbilder, an denen ich mich immer wieder orientiert habe. Wen ich momentan sehr faszinierend finde, ist Elon Musk, weil er gegen alle Widerstände, die nachhaltige Mobilität durchsetzt. Das tut er in einer Produktwelt wo man nicht vermutet hätte, dass es ihm tatsächlich gelingt. Aber so wie es jetzt im Moment auszusehen scheint, wird er es tatsächlich schaffen. Was ich sowohl von ihm als Unternehmer, als auch unter dem Gesichtspunkt der Ingenieursleistung, wirklich sehr bewundere.
Dr. Hubertus Porschen: Was hat Elon Musk für Kompetenzen, die andere nicht haben?
Peer-Arne Böttcher: Für ihn bedeuten Erfolge glaube ich überwundene Widerstände. Die Widerstände sind wirklich enorm und ich weiß gar nicht, wie er es schafft, sich gegen diese Widerstände wirklich zu wappnen. Also persönlich und auch unternehmerisch. Seien es nur die Leerverkäufe an der Börse oder auch die persönlichen Anfeindungen, die ihm immer wieder entgegen geschlagen sind. Aber das ist etwas wo ich wirklich den Hut vor ziehe. Diese Kraft zu haben, so fokussiert am eigenen Ziel zu arbeiten, den Weg zu gehen und diese Ziele dann tatsächlich auch zu erreichen.
Dr. Hubertus Porschen: Du selber bist ja auch Gründer, Unternehmer und kommst nicht aus einer klassischen Unternehmerfamilie. Deshalb hast du auch einer hohen Wahrscheinlichkeit nach schon viele Widerstände gehabt, die du überwinden musstest in deinem Leben. Wie hast du das gemacht? Gibt es da einen Tipp, eine bestimmte Fähigkeit, die dich bis heute auch motiviert das zu machen, was du machst oder auch die Widerstände zu überwinden?
Peer-Arne Böttcher: Ja, viele Widerstände sind einem so gar nicht wirklich bewusst und wenn man darauf stößt ist es so, als würde man sich auf die Füße gucken und da stehen plötzlich Steine im Weg. Wenn man zu lange hinschaut, dann kann man tatsächlich auch stolpern. Was ich festgestellt habe, was immer wieder hilfreich ist: Den Blick zu heben und zum Horizont zu schauen und zu sagen: „Okay, wo ist eigentlich mein Ziel?“ Sich darauf zu konzentrieren und ehe man sich versieht, ist man über diese Stolpersteine dann auch schon wieder hinweg. Das ist zumindest deutlich besser, als wenn man nicht den Kopf gehoben hätte . Aber das ist ein sehr allgemeiner Tipp. Ganz konkret sind es immer wieder tatsächlich auch andere Menschen gewesen, die ich in schwierigen Situationen um Rat fragen konnte und wo ich Hilfestellung bekommen habe. Ohne die es häufig auch nicht gelungen wäre, weil man braucht die Erfahrung anderer Menschen, man muss ja nicht jede Erfahrung selber machen und braucht auch die Kompetenzen, die handwerklichen Kompetenzen, strategische Kompetenzen, von anderen Menschen, von anderen Unternehmern, die einem da auch entsprechend hilfreich zur Seite stehen können.
Dr. Hubertus Porschen: Wenn ich dich richtig verstehe, du hast das „Blick heben“ genannt. Also, wenn ich merke, dass ich mich verzettel, dass ich auf den Berg gehe, auf mich runter gucke und versuche über mich zu lachen, auch wenn ich da gerade zu operativ, zu klein bin. Das sind die Stolpersteine, die du erwähnt hast und um diesen Blick zu heben oder um auf den Berg zu kommen, macht es Sinn, andere Menschen zu fragen, wie man ein gutes Netzwerk finden kann? Wie findet man Mentoren? Hast du Mentoren gehabt? Hast du Leute gehabt, die dir was beigebracht haben? Oder ist es bis heute immer noch so, dass je nach Situation dir Leute suchst, die dich weiter nach vorne bringen?
Peer-Arne Böttcher: Also wie man sich ein Netzwerk aufbaut, das ist tatsächlich eine diffizile Angelegenheit, was schlichtweg lange dauert. Gras wächst ja auch nicht schneller, indem man daran zieht. Man kann da nicht sagen: “So ich brauche jetzt ein Netzwerk, also bitte.” Es gibt auch nicht mehr das Telefonbuch von früher, wo man immer blättern kann und nach Kompetenzen suchen kann. Man muss es heute komplett anders machen. Da hilft sicherlich die digitale Welt, mit ihren Recherchemöglichkeiten. Aber letztlich entscheidet das, was ich analog aufbaue, an Beziehungen und das geht eben nicht von heute auf morgen. Insofern, ja, man muss sich dieses Netzwerk grundsätzlich aufbauen. Das kann nur geschehen, wenn man sich dort entsprechend aktiv einbringt und mit offenen Augen und Ohren durch die Weltgeschichte geht, mit anderen Menschen spricht. Ich selber bin da tatsächlich reingerutscht. Ich habe dann festgestellt, dass ich häufig Menschen kennenlernte, mit denen ich am Anfang gar nicht viel anfangen konnte. Aber von denen ich hörte, die können bestimmte Dinge. Und ein Jahr, zwei Jahre, drei Jahre später habe ich mich daran erinnert und dachte mir, dass mir diese Menschen in einer gewissen Situation zur Seite stehen könnten. In einer solchen Situation frage ich doch einfach mal nach, wie ein Tipp aussehen könnte. Das ist etwas, wovon ich immer profitiert habe und heute auch dadurch ein entsprechend großes Netzwerk habe.
Dr. Hubertus Porschen: Liest du viel? Gibt es 1, 2 oder 3 Buch-Tipps, die du uns geben kannst? Es muss auch kein Fachbuch sein, es kann auch gerne ein Roman sein. Hältst du das für wichtig? Ist das deine Form neues Wissen aufzusaugen?
Peer-Arne Böttcher: Also ich glaube, dass Podcasts inzwischen die neue Form des Lesens sind. Weil aus eigener Erfahrung: Ja, ich lese viel, aber keine Bücher mehr. Dafür fehlt einerseits die Zeit und tatsächlich inzwischen auch die Aufmerksamkeitsspanne, die es braucht, die Ruhe. Aber das ist vielleicht auch bei mir, als Familienvater von vier Kindern, besonders stark gegeben. Ich höre das von vielen, dass es nicht mehr so einfach ist ein Buch zu lesen. Aber es gibt viele tolle Podcasts und es gibt auch viele Bücher, die in irgendeiner Form auch prägend waren, sei es die Managementliteratur von Malik, oder “Die Entdeckung der Langsamkeit” war für mich ein toller Roman. Dieser Roman erinnert mich auch immer wieder daran, auch wenn alles immer unter Druck und den Gesichtspunkten möglichst schnell Ziele zu erreichen stattfindet, in unserer schnelllebigen Welt, dass es manchmal besser ist (wenn man es eilig hat) langsam zu gehen.
Dr. Hubertus Porschen: Was würdest du einem heute 18-jährigen raten, der noch nicht ganz weiß, wie er sein Leben gestalten soll? Der aus einem Bildungssystem kommt, wo er häufig vielleicht noch nicht ganz die Kompetenzen erlangt hat, die er braucht? Was ist dein Ratschlag an junge Menschen, oder auch an Menschen, die sich vielleicht verändern wollen?
Peer-Arne Böttcher: Ich glaube, dass sich unsere Welt, insbesondere unsere Wirtschafts- und Arbeitswelt, sehr stark verändert habt und uns in einem extrem dynamischen Prozess der Veränderung befindet. Wir kommen aus einem Wirtschaftsmodell, das über viele Jahrzehnte, Jahrhunderte geradezu geprägt war. Sehr solide zu sein, sehr stringent zu sein. Alle Ausbildungsformen die wir heute haben sind noch darauf ausgerichtet. Ich glaube, ich würde einem 18-jährigen oder einem Menschen der offen ist für Veränderungen ist, raten, dass das alles keine Rolle mehr spielt. Wir sind heute in einem viel stärkeren fluiden System, wo Dynamiken eine Rolle spielen, die zur Folge haben, dass der größte Hotelvermittler weltweit, keine eigenen Hotels mehr besitzt (AirBnB). Und dass der größte Mobilitätsanbieter dieser Welt keine eigenen Mobile besitzt (Uber). Das heißt, dass eine Plattform-Wirtschaft entstanden ist, die sich jetzt auch mehr und mehr zu einem System entwickelt, das fluide ist und geprägt ist von Algorithmen, von künstlicher Intelligenz, wo komplett neue Geschäftsmodelle entstehen. Also mit anderen Worten: Ich würde immer dazu raten, zu schauen, wo kann ich mich einbringen, wo fühle ich mich wohl, wo fallen mir Dinge leicht. Eine ganz wichtige Frage, die man manchmal gar nicht selbst beantworten kann, sondern ein Außenstehender, die Eltern oder Freunde vielleicht viel besser beantworten können: Was einem tatsächlich leicht fällt? Wo sehe ich einen Weg für mich? - Das wird für viele dann auch hoffentlich ein unternehmerischer Weg sein. Ich glaube, die Chancen und Möglichkeiten heute ein erfolgreiches Unternehmen zu gründen, waren selten so groß.
Dr. Hubertus Porschen: Gibt es einen speziellen Fehler aus dem du extrem viel gelernt hast? Wir reden immer über eine Fehlerkultur, was wir vielleicht auch ein bisschen von den Amerikanern lernen können. Hast du da eine persönliche Erfahrung, wo du sagst: Mensch da bin ich richtig gegen die Wand gelaufen und trotzdem hat mich das richtig nach vorne gebracht?
Peer-Arne Böttcher: Also ich glaube, wir lernen alle nur aus Fehlern und insofern habe ich immer sehr von Fehlern profitiert, auch wenn es sich am Anfang natürlich anders und auch viel Schmerzhafter angefühlt hat. Einen Fehler jetzt so herauszugreifen fällt mir gar nicht so leicht. Aber ich glaube, was ich so grundsätzlich sagen kann ist, dass ich bei allen Unternehmensgründungen bislang immer sehr naiv herangegangen bin. Es geht auch gar nicht wirklich anders. Wer kann schon antizipieren oder wer möchte schon antizipieren, dass es größere Herausforderungen auf dem Weg geben könnte. Wenn man sich das ganze aufmalen würde, dann würde man kaum noch gründen. Allerdings hat diese Naivität vielleicht etwas zu lange angedauert. Oder hat nicht schnell genug zu einer Professionalisierung in bestimmten Bereichen geführt. Insofern habe ich mir da häufig eine blutige Nase geholt - zum Glück ist sie noch dran. Da könnte ich so einige Beispiele nennen, dass ich mich zu spät um Finanzierungsfragen gekümmert habe oder es nicht schnell genug gelungen ist, kompetentere Leute als mich selbst zu finden für bestimmte Aufgabenbereiche.
Dr. Hubertus Porschen: Hast du ein Lieblingszitat? Und vielleicht auch etwas, dass eine Maxime ist, eine Vision? Etwas, das dich motiviert?
Peer-Arne Böttcher: Es gibt ein Zitat von Anton Bruckner, dass mich viele Jahre begleitet hat und eigentlich auch immer noch begleitet: “Wer hohe Türme bauen möchte, verweile lange am Fundament”. Ich glaube da ist gerade für Unternehmer eine Menge Wahrheit drin, weil wer ein Unternehmen erfolgreich aufbauen möchte, braucht dafür ein gutes Fundament. Und da ist bei vielen tatsächlich noch eine hohe Nacharbeit notwendig. Es gibt einen großen Unterschied zwischen einem Einfall und einer Idee. Wir haben, wenn es um Unternehmertum geht, viele gute Einfälle, aber daraus wirklich eine gute, tatkräftige, langfristige und erfolgreich ausgerichtete Idee zu machen, die von allen Seiten betrachtet funktioniert, weil sie dem Kunden und den Menschen den ich damit erreichen möchte einen Nutzen und einen Mehrwert bietet, das ist ein Prozess, der sehr viel Arbeit erfordert. Genau das kommt für mich in diesem Zitat zum Ausdruck. Das man an diesem Fundament, an der Idee ausreichend lange arbeitet, um dann auch wirklich langfristig erfolgreich zu sein.
Dr. Hubertus Porschen: Peer, vielen Dank für den interessanten Austausch!
Peer-Arne Böttcher: Ich danke dir, Hubertus.