Zoe Chance - der gute Einfluss
Der im Moment (Oktober 2022) beliebteste Kurs in Yale. Ein Kurs zur Persönlichkeitsentwicklung- das hört sich spannend an. Zoe Chance hat mit Ihrem Buch “der gute Einfluss” (englisch: influence is your superpower) verschiedene Erkenntnisse und/oder Strategien gesammelt, um Menschen zu überzeugen. Das Ganze ist unterhaltsam beschrieben. Wer den ganz großen Wurf hinter dem Buch vermutet, wird enttäuscht. Und trotzdem empfehle ich die Lektüre! Warum? Lest selbst!
Wer ist Zoe Chance?
Zoe Chance hat in Harvard studiert und lehrt nun als Professorin in Yale “Verhaltensökonomie”. Sie selbst bezeichnet sich auf Ihrer Webseite als “writer, teacher, researcher, and climate philanthropist obsessed with the topic of interpersonal influence”. Zuvor hat Sie politische Kampagnen mit betreut und für den Spielzeughersteller Mattel gearbeitet.
Vorbemerkung zu Zoe Chance
Aus meiner Sicht sollte man einige Bücher definitiv vor Zoe Chance gelesen haben. Hierzu gehören:
- Dale Carnegie: How to win friends and influence people
- Robert Cialdini: Die Psychologie des Überzeugens
Alle weiteren Literaturtipps finden sich hier:
Persönlichkeitsentwicklung und Unternehmertum | Dr. Hubertus Porschen GmbH
Worum geht´s in Zoe Chance “Der gute Einfluss”
Zoe Chance sagt, dass wir mit unserer Überzeugungskraft viel Gutes anstellen können, sollten und auch müssen. Das sei eine der zentralen Stärken, die den Menschen befähigen in Kooperation zu leben. Historisch betrachtet, um zu überleben.
Und diese Stärke nimmt mit zunehmenden Alter ab. Warum? Schaut euch Kinder an: Kinder lieben es mit Ihren Eltern zu verhandeln. Spielerisch. Sie testen Ihre Grenzen aus. Sie sagen klar, was Sie haben wollen und Sie wissen in der Regel auch, wie sie es bekommen. Übrigens: Sie sind überaus beharrlich und haben damit eine zentrale Eigenschaft, die vielen deutschsprachigen - gerade vertriebsorientierten- Verhandlern fehlt.
Und ich persönlich teile die Auffassung von Zoe Chance, dass wir durch unsere Erziehung diese Fähigkeit abtrainieren.
So räumt Zoe Chance zunächst mit einigen Vorurteilen auf, die u.a. da wären:
- Aufdringlich=Einflussreich
- Menschen denken faktenbasiert (das Gegenteil ist der Fall)
- Absicht und Verhalten sind identisch
- Verhandlung ist ein Kampf (eher eine Challenge, ein Wettbewerb)
- Wer um mehr bittet, macht sich unbeliebt
- Man hört ihnen eh nicht zu
Übrigens: Ich bin überzeugt davon, dass man auch für Verhandlugen sein "Warum" erst finden muss. Die Methode von Simon Sinek hilft dabei.
Das größte Vorurteil bzw. die größte Fehlannahme
Machen wir es kurz: Der Mensch ist kein rationales Wesen- auch wenn er denkt, es sei es. Es ist genau das, was ich in meinen Workshops immer wieder erlebe “Ich selber denke rational und handle auch so”. Absoluter Quatsch. Der Mensch ist ein emotionales Wesen. Zoe Chance unterscheidet nach Alligatorenhirn und Richter-Hirn. Ersteres ist für bis zu 95 % der Entscheidungen verantwortlich. Das die Vernunft Regie führt, sei wohl die “Mutter aller Mißverständnisse”.
Weitere Learnings aus “Der gute Einfluss”
Hier einige Punkte, die mir aus der Lektüre in Erinnerung geblieben sind, ohne Priorisierung und Garantie auf Vollständigkeit.
- Das Nein, dass die Welt rettete: Hier geht es darum, dass ein einfaches “Nein” Vieles im Leben vereinfacht. Um ehrlich zu sein, bin ich bei diesem Kapitel nicht ganz bei Zoe Chance und finde auch die Argumentation nicht ganz nachvollziehbar. Für Persönlichkeiten, die gerne und zu oft Ja sagen, mag das hilfreich sein.
- Einfach danach fragen: Hier bin ich mental komplett dabei. Aus meinen Verhandlungstrainings weiss ich, wie schwer es gestandenen ManagerInnen fällt, einfach nach Dingen zu fragen. Und da heisst nicht: "Der Preis ist mir wichtig"- sondern ganz konkret: "Könnten Sie sich vorstellen, einer Preiserhöhung um xy Prozent zum 1.2.2023 zuzustimmen?"
- Charisma und wie man im Speziellen eine Verbindung zum Publikum aufbaut (richten Sie Ihre volle Aufmerksamkeit auf Sie)- Super Hinweis gerade für Keynote-Speaker. Beispiel von Zoe Chance: Finden Sie einen Zuhörerer, den sie komplett fesseln, schon haben Sie die ganze "Crowd". Ich kann das tatsächlich von meinen Impulsvorträgen bestätigen.
- Den richtigen Zeitpunkt für die eigene Forderung/Frage abpassen (Zeit ist ein extrem wichtiger Faktor)
- Framing als realistische Zauberei (Monumental, machbar, mysteriös). Ein wahnsinnig gutes Kapitel! Siehe vor allem das “Größer und besser Spiel”
- Wie man mit Einwänden umgeht durch die Aikido-Strategie (Widerstände registrieren und ergründen; Entscheidungsfreiheit der anderen Person bekräftigen; Widerstände mit einer weichen Frage abschwächen; ein freundlicher Brontosaurus sein)
- Aktives Zuhören: Hier geht es nicht darum, den anderen von seiner Sichtweise zu überzeugen (Funktioniert sowieso fast nie :-)) sondern empathisch zu sein und sich einander als Mitmenschen zu verstehen.
- kreative Verhandlungen: Da ich selber Verhandlungstrainings gebe, kann ich diesem Kapitel nicht viel Neues entnehmen und möchte an der Stelle auf Matthias Schranner verweisen.
Die letzten Kapitel handeln noch davon, wie wir als Frau verhandeln sollten, wie wir uns gegen dunkle Künste verteidigen, von Engeln und Dämonen und wie wir groß träumen.
Fazit Zoe Chance
Alles in Allem ist Zoe Chance aus meiner Sicht ein überdurchschnittlich gutes Buch gelungen, was sich für eine breite Zielgruppe eignet. Das Buch ist einfach zu lesen und mit vielen praktischen Beispielen, wenngleich viele Punkte nicht komplett neu sind, aber durchaus neue Aspekte abdecken. I like Zoe Chance.